Man spricht Deutsch !
"Kompaktschallplattenspieler", "Lichtabtaster" oder "Herrenunterhose mit kurzem Beinteil": Diese deutschen Übersetzungen der englischen Begriffe "CD-Player", "Scanner" oder "Boxer-Shorts" gebraucht eigentlich niemand. Und doch gehören sie zum täglichen Vokabular der drei WG-Genossen Tim, Fabian und Kiki. Die BWL- und Geografiestudenten leben zusammen in einer Wohngemeinschaft in Berlin-Mitte und haben sich der Pflege der deutschen Sprache verschrieben.
Den Anstoß dazu gab ihnen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der die Deutschen Anfang November in einer Fernsehsendung dazu aufrief, sich wieder stärker auf ihre Muttersprache zu besinnen. Gesagt, getan - die Idee für das ungewöhnliche Sprachprojekt war geboren. Seither verbannen die drei Studenten jedweden Anglizismus konsequent aus ihrem Sprachgebrauch.
Wer sich dennoch verbale Ausrutscher leistet, muss bezahlen. So sieht es der selbst auferlegte Strafenkatalog vor. Für einen sprachlichen Lapsus wie "Ketchup", "Toast" oder "Laptop" müssen 20 Cent abgedrückt werden. Schwere Vergehen wie "gedownloaded" und "absaven" werden mit 50 Cent geahndet. Begründung: Denglisch, der krude Mischmasch aus beiden Sprachen, ist besonders übel und muss entsprechend geahndet werden. Unter der Woche wird akribisch eine Strichliste geführt, am Wochenende ist Zahltag.
"SMS" heißt jetzt "KND"
Trotz aller Vorsicht lassen sich fremdsprachige Begriffe aber nicht immer vermeiden. Vieles rutsche einfach so heraus, ohne dass man sich darüber Gedanken mache, erzählt die 19-jährige Geografiestudentin Kiki, während sie mal wieder im Duden blättert. An anderer Stelle ist Kreativität gefragt, wie etwa zur Vermeidung der Abkürzung "SMS". Bei den Berliner Sprachpflegern heißt die elektronische Botschaft "KND" - das steht für "Kurznachrichtendienst".
Für die deutsche, aber englisch klingende Wortschöpfung "Handy" haben die WG-Bewohner die Begriffe "Mote" und "Funke" eingeführt, das steht für "Mobiltelefon" und "Funktelefon". Das klinge zwar etwas nach dem Sprachgebrauch der untergegangenen DDR, meint Tim, doch die hätten sich immerhin "kreativ mit der deutschen Sprache auseinander gesetzt". Als Beispiel nennt er den berühmten Mulitfunktionstisch namens "Mufuti".
Die einzige Funktion vieler Anglizismen sei häufig, eine simple Sache künstlich aufzuplustern, zum Beispiel eine Berufsbezeichnung, meint Tim. Er erzählt von seinem Wehrdienst als so genannter "Information Coordination Center Operator". "Gefreiter klingt eben nicht so toll."
Sprachpanscher an der Uni
"Natürlich klingt abends an der Bar ein Human Resource Manager einen Zacken schärfer als Personalchef", stichelt Tim. Man erkenne bisweilen nicht, welche Berufe sich hinter einer Stellenanzeige versteckten. "Wenn man wüsste, dass bei einem Purchasing Manager oft nur ein simpler Einkäufer gesucht wird, dann würde man sich eventuell sogar bewerben."
Eine Heimstätte der Sprachpanscher ist nach Tims Überzeugung auch die Universität. Die Professoren geben sich laut Tim "keine Mühe mehr, deutsche Begriffe für Anglizismen" zu finden. "Ihnen fällt ihre englischlastige Ausdrucksweise gar nicht mehr auf" ärgert sich der BWL-Student, der statt "Marketing" lieber "Absatzwirtschaft" studiert.
"Es ist einfach ein Trend, Englisch in die Sprache einfließen zu lassen", meint Fabian und entfacht damit eine Diskussion über das Wörtchen "Trend". Nach kurzer Zeit ist die Herkunft geklärt, "Trend" ist Englisch und Fabian um 20 Cent ärmer.
Deutsch, aber keine Deutschtümelei
"Das fängt ja schon beim Kinderspielzeug an", meint Kiki. "'Plastikauto' hört sich nicht so toll an wie 'Bobby Car', aber es kann doch nicht sein, dass Kinder die deutschen Begriffe nicht einmal mehr kennen." Hier besteht nach Meinung der Berliner dringender Handlungsbedarf, schließlich seien Kinder "die Deutschsprecher von morgen".
Die intensive Beschäftigung mit der eigenen Sprache hat den Blick der drei WG-Bewohner auf ihre Mitmenschen ziemlich verändert. Leute, die fast nur noch mit Anglizismen um sich werfen und deutsche Begriffe nur noch als Füllwörter verwenden, schinden keinen Eindruck mehr - im Gegenteil. Man könne schließlich Sachverhalte ohne Anglizismen auf Deutsch für jedermann unmissverständlich erklären.
Der Bundestagspräsident sei da ein richtiges Spracherlebnis, so die Studenten. Thierses filigraner und präziser Umgang mit der deutschen Sprache sei beeindruckend.
Mit Deutschtümelei habe das Sprachprojekt nichts zu tun, betonen die Studenten. Sie seien nur neugierig darauf, ob sie es schaffen, ganz ohne "Denglisch" auszukommen. Auch wenn der "Beitrag im Kleinen" für die Muttersprache bisweilen ziemlich ins Geld geht. Von der Idee, das gesammelte Strafgeld gemeinsam in einer "Tanzwirtschaft" zu verbraten, rückt Fabian wieder ab und verweist auf attraktivere Ausgabemöglichkeiten: "Mittlerweile könnten wir davon wahrscheinlich schon in Urlaub fahren."
Hier eine Liste einiger in der WG verwendeter deutscher Übersetzungen.
Den Anstoß dazu gab ihnen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der die Deutschen Anfang November in einer Fernsehsendung dazu aufrief, sich wieder stärker auf ihre Muttersprache zu besinnen. Gesagt, getan - die Idee für das ungewöhnliche Sprachprojekt war geboren. Seither verbannen die drei Studenten jedweden Anglizismus konsequent aus ihrem Sprachgebrauch.
Wer sich dennoch verbale Ausrutscher leistet, muss bezahlen. So sieht es der selbst auferlegte Strafenkatalog vor. Für einen sprachlichen Lapsus wie "Ketchup", "Toast" oder "Laptop" müssen 20 Cent abgedrückt werden. Schwere Vergehen wie "gedownloaded" und "absaven" werden mit 50 Cent geahndet. Begründung: Denglisch, der krude Mischmasch aus beiden Sprachen, ist besonders übel und muss entsprechend geahndet werden. Unter der Woche wird akribisch eine Strichliste geführt, am Wochenende ist Zahltag.
"SMS" heißt jetzt "KND"
Trotz aller Vorsicht lassen sich fremdsprachige Begriffe aber nicht immer vermeiden. Vieles rutsche einfach so heraus, ohne dass man sich darüber Gedanken mache, erzählt die 19-jährige Geografiestudentin Kiki, während sie mal wieder im Duden blättert. An anderer Stelle ist Kreativität gefragt, wie etwa zur Vermeidung der Abkürzung "SMS". Bei den Berliner Sprachpflegern heißt die elektronische Botschaft "KND" - das steht für "Kurznachrichtendienst".
Für die deutsche, aber englisch klingende Wortschöpfung "Handy" haben die WG-Bewohner die Begriffe "Mote" und "Funke" eingeführt, das steht für "Mobiltelefon" und "Funktelefon". Das klinge zwar etwas nach dem Sprachgebrauch der untergegangenen DDR, meint Tim, doch die hätten sich immerhin "kreativ mit der deutschen Sprache auseinander gesetzt". Als Beispiel nennt er den berühmten Mulitfunktionstisch namens "Mufuti".
Die einzige Funktion vieler Anglizismen sei häufig, eine simple Sache künstlich aufzuplustern, zum Beispiel eine Berufsbezeichnung, meint Tim. Er erzählt von seinem Wehrdienst als so genannter "Information Coordination Center Operator". "Gefreiter klingt eben nicht so toll."
Sprachpanscher an der Uni
"Natürlich klingt abends an der Bar ein Human Resource Manager einen Zacken schärfer als Personalchef", stichelt Tim. Man erkenne bisweilen nicht, welche Berufe sich hinter einer Stellenanzeige versteckten. "Wenn man wüsste, dass bei einem Purchasing Manager oft nur ein simpler Einkäufer gesucht wird, dann würde man sich eventuell sogar bewerben."
Eine Heimstätte der Sprachpanscher ist nach Tims Überzeugung auch die Universität. Die Professoren geben sich laut Tim "keine Mühe mehr, deutsche Begriffe für Anglizismen" zu finden. "Ihnen fällt ihre englischlastige Ausdrucksweise gar nicht mehr auf" ärgert sich der BWL-Student, der statt "Marketing" lieber "Absatzwirtschaft" studiert.
"Es ist einfach ein Trend, Englisch in die Sprache einfließen zu lassen", meint Fabian und entfacht damit eine Diskussion über das Wörtchen "Trend". Nach kurzer Zeit ist die Herkunft geklärt, "Trend" ist Englisch und Fabian um 20 Cent ärmer.
Deutsch, aber keine Deutschtümelei
"Das fängt ja schon beim Kinderspielzeug an", meint Kiki. "'Plastikauto' hört sich nicht so toll an wie 'Bobby Car', aber es kann doch nicht sein, dass Kinder die deutschen Begriffe nicht einmal mehr kennen." Hier besteht nach Meinung der Berliner dringender Handlungsbedarf, schließlich seien Kinder "die Deutschsprecher von morgen".
Die intensive Beschäftigung mit der eigenen Sprache hat den Blick der drei WG-Bewohner auf ihre Mitmenschen ziemlich verändert. Leute, die fast nur noch mit Anglizismen um sich werfen und deutsche Begriffe nur noch als Füllwörter verwenden, schinden keinen Eindruck mehr - im Gegenteil. Man könne schließlich Sachverhalte ohne Anglizismen auf Deutsch für jedermann unmissverständlich erklären.
Der Bundestagspräsident sei da ein richtiges Spracherlebnis, so die Studenten. Thierses filigraner und präziser Umgang mit der deutschen Sprache sei beeindruckend.
Mit Deutschtümelei habe das Sprachprojekt nichts zu tun, betonen die Studenten. Sie seien nur neugierig darauf, ob sie es schaffen, ganz ohne "Denglisch" auszukommen. Auch wenn der "Beitrag im Kleinen" für die Muttersprache bisweilen ziemlich ins Geld geht. Von der Idee, das gesammelte Strafgeld gemeinsam in einer "Tanzwirtschaft" zu verbraten, rückt Fabian wieder ab und verweist auf attraktivere Ausgabemöglichkeiten: "Mittlerweile könnten wir davon wahrscheinlich schon in Urlaub fahren."
Hier eine Liste einiger in der WG verwendeter deutscher Übersetzungen.
- Information Coordination Center Operator=Gefreiter
Laptop=tragbarer Rechner (Trari)
Homepage=Heimseite
Stick=Stecker
CD=Kompaktschallplatte
CD-Player=Kompaktschallplattenspieler
Chips=Kartoffelscheiben (Kaschis)
Toast=geröstetes Weißbrot
Pullover=Überzieher
Shampoo=Haarwaschmittel (Hawami)
www=weltweites Netz (wwn)
Cheeseburger=Fleischbrötchen mit Käse
SMS=Kurznachrichtendienst (KND)
Handy=Mobiltelefon (Mote), Funktelefon (Funke)
Scanner=Lichtabtaster
Computer=Rechner
Comic=Bildgeschichte mit Sprechblasentext
Cola=koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk
Cracker=sprödes Kleingebäck
Bobby-Car=Plastikauto
W-Lan=kabelloses Netz
absaven=abspeichern
gedownloaded=herunter geladen
Trend=Grundrichtung einer Entwicklung
e-mail=elektronische Post
Human Resource Manager=Personaler
BS-2005 - 19. Jan, 10:03